Nie wieder! – Auch in der Schule

Heute ist der Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus

Die Nationalsozialist*innen beherrschten Deutschland von 1933 bis 1945 und errichteten eine auf Antisemitismus und Rassismus basierende Diktatur. Sie entfesselten den größten Krieg aller Zeiten und begingen ein in der Menschheitsgeschichte einmaliges Verbrechen, die Shoah, den Völkermord an etwa sechs Millionen Jüdinnen*Juden. Die Nazis ermordeten Millionen Menschen, politische Gegner*innen: Sinti*zze, Rom*nja, Homosexuelle und viele mehr. Der Tag der Befreiung sollte wie der Tag der Deutschen Einheit ein Feiertag sein, gerade in Zeiten, in denen extreme Rechte an Einfluss gewinnen und offen Pläne zur Vertreibung von Millionen Menschen planen.   

Die Jugend und damit auch die Schule standen im Zentrum der Nazi-Herrschaft. Die Jugend wurde entindividualisiert und in das Kollektiv einer „arischen Rasse“ integriert. Hervorzuheben ist, dass die Hitlerjugend und der Bund Deutscher Mädel eine wichtigere Rolle als die Schule spielten, um die Jugend vollständig kontrollieren zu können. In der Schule waren vor allem die Fächer Deutsch und Geschichte für die Nationalsozialist*innen relevant. So sollte die Rassenideologie der Nazis vermittelt werden, nicht regimetreue Lehrer*innen wurden entlassen. Die Entnazifizierung funktionierte im deutschen Schulsystem nach 1945 eher schleppend. 

Wir möchten den Tag der Befreiung nutzen, um auf einen strukturellen Aspekt des deutschen Bildungssystems hinzuweisen. Bildung ist in Deutschland Ländersache. Die Ausgestaltung des Bildungssystems wird durch die Verfassung, das Schulgesetz und ministerielle Erlasse geregelt. Allerdings haben Verfassung und Schulgesetz einen deutlich geringeren direkten Einfluss auf die Schulsituation als die ministeriellen Erlasse. Das heißt, wer das Bildungsministerium kontrolliert, kann kontrollieren, wer in den Schulen unterrichtet, was und wie gelernt wird. Damit ist das Bildungsministerium einer der Orte, an dem Ideen und Ideologien am leichtesten an die Jugend herangetragen werden können.  

Das ist an sich schon ein Problem, es gibt kaum direkte demokratische Kontrolle über die Schulen. Das Thema hat aber noch an Aktualität gewonnen, weil vor allem im Osten, aber auch in ganz Deutschland eine faschistische Partei auf dem Vormarsch ist, die AfD. Die AfD wird in mehreren Bundesländern vom Verfassungsschutz als “gesichert rechtsextrem” eingestuft und hat führende Mitglieder, die Sätze wie “das freundliche Gesicht des Nationalsozialismus” von sich geben oder im Verbot von SA-Parolen (SA = Sturmabteilung) eine Verhinderung der deutschen Selbstfindung sehen. Diese offen rassistische und antisemitische Partei droht in Ostdeutschland in Regierungsverantwortung zu kommen. Sollte dies passieren und die AfD den*die Minister*in für Bildung in den jeweiligen Bundesländern stellen, würde dies dazu führen, dass die AfD eine schnelle Methode zur weiteren Indoktrination von Schüler*innen durch den Missbrauch des Schulministeriums bekommt. So könnten wichtige Teile der faschistischen und nationalistischen Ideologie der AfD einfach vermittelt werden. Der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Felix Hanschmann weist in einem Vortrag darauf hin, dass eine Exkursion dann wahrscheinlich nicht mehr in ein ehemaliges Konzentrationslager führen würde, wo die nationalsozialistische Diktatur und die Shoah thematisiert werden, sondern vielleicht zum Herrmanns-Denkmal, wo dann die Bedeutung der Nation dargestellt würde.